Bürgerhaus Am Marstall, Hannover
Wettbewerb, 2014
Plätze in deutschen Städten und insbesondere Marktplätze sind seit je her Bürgerplätze. Der Bürgerplatz ist daher die tragende Grundlage für diesen Entwurf. Die Absicht ist, die Geschichte des Bürgerhauses sowie moderne Architektur zu vereinen. Dieses neue, zeitgemäße Bürgerhaus erhält am Marstall seine prägende Bedeutung für den Platz.
Städtebau und Architektonische Idee:
Dieser Entwurf adressiert zum einen die Tradition: Es zeigt sich zu beiden Platzseiten mit je einer plastisch ausformulierten Schauseite. Es ist, wenn man so will, ein giebelständiges, geschichtsbewusstes aber gleichzeitig auch modernes Haus am Markt. Seine Merkmale sind die Größe, das wertige Material – hier: ganz heller seidenmatter, scharfkantiger Werkstein, die Ausstattung und die technischen Neuerungen – hier: nachhaltige Bauweise. Somit umfaßt dieser Entwurf alle Merkmale, die ein Bürgerhaus in sich vereint, wenn es prominent an einem städtischen Platz gelegen war und ist. Konsequent nimmt dieses Bürgerhaus ein Thema aus der Vergangenheit auf: Das Maßwerkfenster. Ganz auf die Giebelseiten beschränkt, wird das Thema des Maßwerkfensters zu einer großartigen selbstbewußten Schaufassade weiterentwickelt, die mit großer Plastizität eine räumliche Fassade bildet, die nicht nur ein abwechslungsreiches Spiel von Licht und Schatten ermöglicht, sondern die darüber hinaus auch in Teilen begehbar ist. Eine Schaufassade mit Fernwirkung, die über ihre Tiefe mit den Freiflächen vor ihr kommuniziert und Leben austauscht. Ganz im Geist des europäischen Städtebaus mit seinen Bürgerplätzen gibt es in den unteren Geschossen gewerbliche Flächen und Restaurants, in den obersten Geschossen Wohnungen. Folgerichtig sind die Balkone in die Schaufassade integriert und zu beiden Plätzen ausgerichtet – fast wie Theaterlogen, von denen aus das Treiben auf der städtischen Bühne bestaunt werden kann. Es ist ein offenes Haus, das sich nicht abschottet, sondern immer einsehbar ist. Während die Giebelfassaden sich hochplastisch zeigen, sind die Längsfassaden sehr flächig gehalten, zwei Werksteinsorten – fast weiß und hellgrau – wechseln sich ab wie Intarsien einer italienischen Renaissancefassade.
Räumliche Organisation:
Als Schnittstelle zum öffentlichen Raum bildet sich das Erdgeschoss mit großzügigen Glasflächen aus. Somit ergibt sich in der Kombination mit den flexiblen Grundrissen die ideale Möglichkeit, kleine sowie auch größere Gastronomie- oder Gewerbeeinheiten aufzunehmen. Der Zugang zu den Obergeschossen erfolgt in der Gebäudemitte von der südlichen Grundstücksseite. Der zentrale Erschließungskern wird von einem innenliegenden Treppenhaus sowie zwei Aufzügen gebildet. Die weiche Ausformulierung der Flurbereiche nimmt den Vorräumen die Enge und stiftet gleichzeitig eine zeitgemäße, moderne Identität. Das 1. und 2. Obergeschoss unterteilen sich in jeweils vier Nutzungseinheiten von ca. 270m² bis 320 m². Diese sind alle mit einem eigenen Zugang vom Treppenhaus sowie allen erforderlichen Nebenräumen ausgestattet. Hiermit ist eine Einzelvermietung jeder Einheit aber auch die Kombination mehrerer Einheiten möglich. Eine zusätzliche Gastronomienutzung im 1. Obergeschoss kann sich im Bedarfsfall zum Platz in Richtung Schmiedestraße entfalten, ohne dass andere Nutzungseinheiten an Qualität verlieren. Denn alle Nutzungseinheiten liegen an den identitätsstiftenden Giebelfassaden und partizipieren somit gleichermaßen vom neuen positiven und modernen Erscheinungsbild am Marstall. Eine weitere Nutzungseinheit sowie acht Wohnungen sind im 3. und 4. Obergeschoss gelegen. Helle offene Grundrisse mit großzügigen Dachterrassen und Loggien erwarten die zukünftigen Mieter am Marstall.
Fassade:
Alle tragenden Konstruktionsteile liegen im gedämmten Innenbereich. Die Giebelfassaden sind stark plastisch gegliedert, und fördern somit das Spiel von Licht und Schatten. Geschickt verbergen sie den notwendigen, außenliegenden Sonnenschutz und sind entworfen als Fertigteilkonstruktion aus hellem, fast weißen Werkstein. Dieser wird ergänzt durch champagnerfarben abgesetzte Metallintarsien. Die Fenster und Glasfassaden sind als Pfostenriegelfassade aus Alu bzw. als Fenstersystem aus Alu entwickelt.