hallo

SOS-Kinderdorf Kindertagesstätte Worpswede

1.Platz in Realisierung, Worpswede, 2022

ANALYSE / PROGRAMM
Das Grundstück liegt am Eingang des SOS-Kinderdorfs bei Worpswede in einem kleinen lichten Hain südlich einer kleinen Straße mit spärlichem Verkehr. Im Osten und Westen grenzen weite Wiesenflächen an. Die südlich anschließenden Parkplatzflächen werden erweitert um die durch Abriß der Garagen freiwerdenden Flächen. Der Bauplatz verzaubert durch seinen naturbelassenen Charakter, mit unterschiedlichen dicht und locker gewachsenen Bäumen und wechselndem Lichtspiel und Durchblicken in die angrenzenden Weiten. Dieser Zauber wird durch das neue Gebäude zu einer Erzählung verdichtet, woraus eine Choreographie des Ankommens, der Vorfreude durch Voraus- und Durchblick und dann des geborgenen Aufenthalts entsteht.

STÄDTEBAU
Ein eingeschossiger zweiflügeliger Baukörper wird so behutsam in die Natur eingefügt,
• daß zum einen ein quasi paralleler Schutz zur Straße entsteht,
• die beiden östlichen parallelen Teilriegel einen Eingang und Durchgang rahmen und
• gleichzeitig sich mit ihren schräggestellten Giebelflächen zur Einfahrt hinwenden und den Ankommenden mit zwei „Gesichtern“ entgegenblicken.
• Im Westen öffnet sich ein dreieckiger „Spielwald“, der zweiseitig gerahmt wird, der beschützt und nach Westen den Blick in die Ferne schweifen läßt.
• Das gesamte Bauwerk ist eingeschossig und duckt sich unter die vorhandenen Bäume, wobei jeweils der eine Riegel den anderen weitgehend verdeckt und im Sichtschatten fast unsichtbar werden läßt. Die Baumassen werden dadurch von Norden und Süden quasi „halb so viel“ wahrgenommen.
• Nahezu alle Eichen werden erhalten und die Gebäudeteile dazwischen gewoben.
• Das Resultat: Baumbestand, städtebauliche Situierung und innere Organisation ergänzen sich zu einem großen Ganzen, einem „Organismus“.

ORGANISATION
Die beiden Paralleltrakte im Osten rahmen eine große baukörperliche Eingangsgeste, ein leichter, verglaster Zwischentrakt läßt durchblicken bis in den Spielwald: Die Kinder haben ihr Ziel vor Augen und mögen gar nicht abwarten, hineinzugehen. Neben dem Haupteingang verführt zudem ein gelbleuchtender Klettereingang die Kinder zu einem Kletter- und Krabbelparcours, sie wollen so schnell wie möglich in die Kita „einzutauchen“. Das Foyer wird zusammengeschaltet mit dem Café, der Kinderküche und dem Mehrzweckraum – das Herzstück der Kita. Zwei abgewinkelte Kitatrakte werden mit beidseitig verglasten Fluren erschlossen, mit großartigen Blicken in den Spielwald. Die Gruppenräume sind verglast und mit Doppelflügeltüren angebunden. Die Flure fungieren als Windfang in den Außenraum. Im Südosten wird die Küche platziert, damit eine Anlieferung über den Parkplatz separat erfolgen kann. Städtebaulich, naturverbunden und organisatorisch ist nur ein erdgeschossiges Gebäude sinnvoll: Die Kinder werden den direkten Zugang nach Draußen haben, sie können sich gegenseitig zuwinken. (Keine Altersgruppe, keine Bürokraft, kein Küchenkraft, keine Sonderveranstaltung gehören „irgendwo nach oben.“ Treppen, Fahrstühle wären gefährlich und schlecht zu beaufsichtigen.)

MATERIALITÄT / FASSADE / KONSTRUKTION
Die Gebäude erhalten im Sockelbereich einen rötlichen Ziegel, darüber eine Holzfassade aus silbergrauer Lärche. Die Pultdächer sind mit einem grünen „Pelz“ aus Gräsern, Moosen, Erika etc. bewachsen. Die Konstruktion ist als Holzrahmenbau mit traditionellem Pfetten-/Sparrendach geplant. Somit lässt sich ein hoher Vorfertigungsgrad und eine reduzierte Bauzeit gewährleisten. Gleichzeitig bietet die Bauweise eine lokale Verbundenheit, die die Akzeptanz fördert, aber auch gleichermaßen für ortsansässige Handwerksbetriebe interessant sein kann. In den Innenflächen werden die Wände als Lehmbau oder Lehmtrockenbau geplant. Hierbei sorgt der Lehm aufgrund hoher Atmungsaktivität für ein sehr gutes Raumklima. Im Vordergrund der Materialauswahl steht zum Einen die Reduzierung des CO2-Ausstoßes durch lokal verfügbare Materialien, die auch in der Herstellung einen geringeren CO2-Ausstoß produzieren. Zum Anderen ist mit der Materialwahl eine sehr hohe Recyclingfähigkeit gegeben. Doch insbesondere fördert die Auswahl natürlicher Oberflächen das Bewusstsein von Kindern und Familien für ein ressourcenschonenden Lebensstil und trägt somit schon beim Bau zur Zukunft der Kinder bei.

NACHHALTIGKEIT / TGA
Um ein zukunftsorientiertes Gebäude zu erhalten, wird min. mit dem Energiestandard KFW40 geplant, wobei ein besonderes Augenmerk auf CO2-neutrale Energiegewinnung wert gelegt wird. Das Gebäude wird mittels Geothermie mit Wärme und Kälte gleichermaßen versorgt. Die Wärmeübergabe erfolgt über Flächenheizsysteme wie Fußboden- und Wandflächenheizung. Somit kann durch niedertemperierte Oberflächen ein Höchstmaß an Behaglichkeit generiert werden. Photovoltaikanlagen auf dem Dach erzeugen Strom zur Eigenversorgung der technischen Systeme. Für das Regenwasser wird eine Versickerung auf dem Grundstück geplant. In Abstimmung mit dem Bauherrn kann eine Regenwassernutzung für WC-Spülung o. ä. vorgesehen werden.